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14 December 2010

Leben im Dreck - typisch Kambodscha ??? (2)

Uneingeschränktes JA


Da ich ja nun wieder einmal das "wahre Kambodscha" abseits der Touristenpfade erleben durfte anlässlich der Hochzeit in Savins Heimatdorf am Mekong, kann ich nicht anders als die Eingangsfrage mit einem uneingeschränkten "ja, typisch, und niemanden stört es im Dreck zu leben" beantworten.

Das mag für Kambodscha- und sonstige Südostasienfans vielleicht etwas hart klingen, aber es ist die nackte Wahrheit, "das ursprüngliche, das echte Asien" ohne rosarote Brille.

Sehr interessant dazu die Anmerkungen eines Franzosen namens Cedric, der als 26jähriger Idealist im besagten Dorf lebt und unentgeltlich den Kindern des Dorfes in der Schule Englisch beibringt.

Er sucht jetzt eine Geldquelle, gerne ne NGO die ihn bezahlt und es ihm somit ermöglicht, länger als nur ein paar Monate auf eigene Kosten dort zu wirken. Er möchte wirklich helfen, aber er teilte mir seine doch recht ernüchternden Erfahrungen mit.

Kostproben:

- Sie haben Wasser hier am Mekong zur Genüge, und sie sammeln das Regenwasser in grossen Terracotta-Krügen (500 Liter und mehr Fassungsvermögen), aber sie haben keinen Duschvorhang und waschen sich nur bekleidet. Dabei stehen sie im Dreck, weil sie es nicht für nötig erachten für einen Steinsockel zu sorgen auf dem sie beim Duschen stehen könnten.

So sieht der Duschplatz aus:


 Keine Ablage für Shampoo/Seife, kein Vorhang, und man steht im Dreck.

Das hat gar nichts mit Armut zu tun, sondern nur mit fehlendem Sinn für Hygiene.
Sie stinken entsprechend, sobald das zur Hochzeit aufgelegte Parfum seine Wirkung in der Hitze verliert.

Hinter der Baumreihe beginnt das Feld, dort wächst Raps. Man findet dort ein Hacke, Loch machen, reinscheissen, zumachen, Überdeckung geschätzt 5 cm. Der nächste tritt rein, garantiert.
Macht aber nix. War schon immer so.

- Die Familie bei der ich wohne hat ein grosses Haus, ein Auto, ein Moped und ist nicht arm.
Der Vater kauft den gesamten Reis der Gegend hier auf, und verkauft ihn weiter.
Die Kinder schmeissen sämtlichen Müll, jede Verpackung und jeden Essensrest auf die Erde, dort liegt er wochenlang, in jedem Zimmer, im Wohnzimmer und vor dem Haus. Alles zugemüllt. Niemand putzt sich die Zähne, ich mache das mit den Kindern eine Woche lang jeden Tag in der Schule, und dann frage ich nach einer weiteren Woche wer sich jeden Morgen die Zähne putzt mit der geschenkten Zahnbürste (von Cedric gekauft) und der Zahnpasta (dito)
Erst verlegenes Herumdrucksen, dann kommt raus: Niemand bis auf 2 Mädchen (bei 25 Schülern).
Sie haben hier mit 10 Jahren alle schon verdorbene schwarze Zähne, und Zahnklammern gibt es nicht, dafür haben sie Handies wenn die Eltern es sich leisten können.

Deckt sich mit meinen Erfahrungen: Klamotten, Schuhe und Goldschmuck sind den Damen wichtiger als
gute Zähne und Sauberkeit der Kinder und des Hauses.

- man kann den Wohlstand einer Familie nicht nur an Mopeds und Autos erkennen, sondern vor allem am Müll der herumliegt: Viel Müll = viel Geld.  Kein Müll = nur Reissuppe.

Guter Indikator! Stimmt.

- Alle scheissen hinters Haus, die Hühner fressen den Kot, vermischt mit Essensresten, denn dort kochen sie auch, und flattern dann auf dem unterm Stelzenhaus platzierten Tisch herum wo das Essen liegt. Niemand hat einen Schrank für Geschirr und Besteck, nicht einmal ein einfaches Regal, und niemand packt die Lebensmittel in die durchaus vorhandenen Eisboxen und kühlt sie. Lungenkrankheiten und Durchfall sind hier völlig normal

Auch Malaria, Diarrhoe und andere Krankheiten.
Mann kann hier jede Medizin, auch Antibiotika am Kiosk kaufen, und niemand weiss wie man sie einnimmt: Mindestens 1 Woche, und das 2-3mal täglich. Sonst züchtet man lediglich resistente Krankheitserreger, und genau das tun sie hier. Nicht umsonst versagt gerade zum zweiten Mal das wirkungsvollste Antibiotikum gegen Malaria in Kambodscha. Nach 30 Jahren nun die nächste Katastrophe, weil dieser Staat nicht einmal in der Lage ist, seinen Leuten die Einnahme der sündhaft teuren, aber scheissegal sind ja von anderen Ländern bezahlt, Antibiotika zu erklären.

Wozu hat man schliesslich die Geberstaaten und die NGOs, sollen die sich doch drum kümmern... klappt ja bei den Waisen und Behinderten auch, und die AIDSkranken benötigen keinen einzigen Dollar vom Staat.
machen alles die blöden Barrang-NGO und Regierungen. Die Grosskopferten fahren lieber den Dienst-Lexus, auch am Wochenende und im Urlaub. Scheiss auf die Armen...

Lecker Hochzeitssuppe, absolut sauber und frei von Bakterien...
 "Teacher Cedric´s" Anmerkungen und meine Kommentare, alles aus erster Hand..
Trotzdem mag Cedric die Menschen, und er versucht den Kindern die elementarsten Dinge die Hygiene betreffend beizubringen. Von den Eltern haben sie da nämlich nichts zu erwarten. Unabhängig von deren Geldbeutel.

In den 2 Tagen auf dem Dorf (Freitag Mittag bis Sonntag mittag) schliefen wir auf einer neugekauften Matratze unter einem Moskitonetz und hinter gespannten blickdichten Vorhängen, damit wir das Drama der übrigen 30 dort im selben Raum schlafenden Verwandten nicht sehen mussten. Wir benutzten den Duschplatz eines Verwandten, wo es wenigstens eine Stück Betonfläche zum Stehen gab, wenn auch keinen Vorhang, und hielten eben Handtücher als Sichtschutz vor den jeweils Duschenden.

Savin kochte Mineralwasser ab für die Babymilch, und ich ass nur was sie extra für mich kochte, denn das andere Zeug war für mich undefinierbar und ungeniessbar. Vom Hochzietsmal ass ich leider etwas Fleischspiessiges, seitdem hab ich Dünnpfiff, hält sich zum Glück jedoch im Rahmen.

Teacher Cedric will jetzt mit seinem "Herbergsvater" auf Reisen gehen und Solarpanels verkaufen, damit er mit Hilfe der Verkaufsprovisionen seinen Aufenthalt dort verlängern kann. Das könnte klappen, denn ein Reisaufkäufer kann sicher auch gut verkaufen und kennt die Dorfchefs. Denen etwas Provision abgeben, und schon läuft die Sache.

- Ich soll jeden Tag heiraten, alle bieten mir ihre Töchter an.
Aber "ausprobieren" ist nicht, erst Hochzeit! Nicht mal ausgehen zusammen kann man vorher.
Die Traditionen hier sind fast schon von muslimischer Strenge.

Stimmt ebenfalls.

- Die strenge Moral hier ist aber nicht ehrlich. Viele Töchter aus dem Dorf hier arbeiten als Huren in den Touristenzentren und schicken Geld nach Hause. Viel Geld. Soviel Geld können sie mit Arbeit im Restaurant/Guesthouse/Hotel niemals verdienen, erst recht nicht irgendwo in einer Fabrik. Ihre Kinder sind alle bei Oma auf dem Land, der Mann meist abgehauen.


Alle nehmen das Geld gerne, es wird in Motorbikes usw. angelegt, die Brüder der Mädchen leben auch gerne davon und gammeln nur herum und besaufen sich. Solange niemand darüber spricht was die Mädchen machen in der Stadt, solange ist alles ok, da gibt es keine Moral. Im Gegenteil, sie fordern die Töchter noch auf, mehr als die bisherigen 100 oder 200 $ im Monat zu schicken.

Doppelte Standards gibt es hier nicht nur bei Gesetzen, Strafen und Justiz, sondern sie sind die Basis des Lebens hier, auch bei der hochgehaltenen Moral. Verlogen ist die, und aufgesetzt. Alles Selbstbetrug.

Savin hat sich von mir 200 $ geliehen, davon hat sie sich Goldkette, Ohrringe und Armband für die Hochzeit geliehen und als Pfand hinterlegt. Am Montag bekam ich die 200 $ zurück, wie sie versprochen hatte. War nur geliehen, damit die anderen Frauen sehen wie viel Gold sie hat, denn sie ist ja die Frau eines Barrangs, und die habens ja.

Würde sie nur mit ihrem Diamantring und dem fetten Goldarmband rumrennen auf der Hochzeit, dann würden die Leute tratschen. Das wäre schlimm.

Wenigstens ein paar gute Pics im Hochzeitsoutfit mitsamt Extra - Schmuck

Dass überall der Müll rumliegt, dass es in jedem Haus dreckig ist, dass sie weder Duschvorhänge noch Toiletten haben und im Dreck leben, das ist nicht schlimm.

Land der Vollpfosten.
Das echte und wahre Asien abseits der Touristenpfade.
Zu besichtigen nicht nur in Kambodscha, sondern überall, ob Indien, China, Laos, Thailand oder Malaysia.
Natürlich nur ohne die rosarote Brille.

Gerade eben erst live hier in Phnom Penh in unserem Haus:
Baby liegt in Hängematte und kackt, gerade ohne Windel. Madame wäscht Kind und Hängematte aus, hängt Matte zum Trocknen auf, Papa bekommt das gereinigte Baby auf den Schoss und Muttern fängt an zu kochen.

Papa sagt ihr, sie solle doch mal zuerst den Wischmob aus dem Bad holen und Scheisse auf dem Boden wegwischen. Das geschieht prompt. Es wird der Wischmob geholt und die Scheisse nicht etwa aufgenommen und im Bad ausgespült, nein es wird gleich das ganze Wohnzimmer, der Flur und die Küche damit "gereinigt".
Klartext: Die Scheisse wird gleichmässig verteilt.

Da hab ich echt nen Anfall bekommen...

aber jetzt ist alles piekfein sauber, ich musste wieder einmal zur Hand gehen und ihr die Reihenfolge erklären: Erst die Scheisse aufnehmen, dann Mob auswaschen mit Handdusche vom Klo, geht ganz einfach.
Dann erstmal fegen und die Spielzeuge/Spielkarten/Klamotten aufheben.
Dann mit dem Wischmob mit Reiniger wischen, mehrfach den Mob spülen, und dann mit klarem Wasser hinterher.

Ja Leute, man hat es nicht leicht hier, wenn die Basics fehlen.
Man fängt beim Urknall an, und das in jeder Hinsicht. Sie wissen hier überhaupt nichts.
Aber sie bemüht sich. Das anerkenne ich auch immer wieder, denn anders würde es mit uns beiden nicht klappen. Ich werde den Saustall namens "Kambodscha" hier mitten in Phnom Penh niemals in diesem Haus akzeptieren. Ist einfach so. Da muss sie durch.

Dass die Wäsche vom Wochenende seit gestern Abend gewaschen in der Maschine liegt, und das mittags um halb 2, das ignoriere ich heute mal. Vielleicht wird das ja morgen was...mit den 5 Minuten zum Aufhängen.

Ich mache das jedenfalls nicht, denn sowas "tut ein Mann nicht".

Hochzeitsvorbereitungen, nur die Frauen sind zuständig.
Hat auch Vorteile, die Tradition ;) 

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